Was heißt beim Wohnungsverkauf gekauft wie gesehen?

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Wer eine Immobilie kauft, befindet sich oft in einem Überschwang der Gefühle. Es lockt der Traum von den eigenen vier Wänden. Genau darin liegt das Risiko.

Beim Kauf eines gebrauchten PKW bestehen viele Kaufinteressenten darauf, das Fahrzeug in einer Kfz-Werkstatt untersuchen zu lassen. Oder sie lassen sich beim Kauf von einer sachverständigen Person begleiten. Kauft dieser Interessent aber eine Immobilie, vertraut er allzu oft auf den eigenen Sachverstand. Die Frage, "was heißt beim Wohnungsverkauf wie gesehen"? scheint für ihn keine Bedeutung zu haben. Er kauft die Immobilie danach, was er sieht und was er zu sehen glaubt. Stellen sich nach dem Kauf Mängel heraus, steht die Frage im Raum „Was heißt beim Wohnungsverkauf wie gesehen?“. 

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„Gekauft wie gesehen“ ist ein Gewährleistungsausschluss mit Einschränkungen

Der Passus „gekauft wie gesehen“ beim Wohnungsverkauf ist meist eine Standardformulierung im notariellen Kaufvertrag. Die Formulierung ist gleichbedeutend mit wie „gekauft wie besichtigt“ oder „gekauft, wie die Immobilie steht und liegt“. Diese Formulierungen bedeuten, dass der Käufer einer Immobilie keine Gewährleistungsrechte geltend machen kann, wenn sich nach dem Kauf Mängel der Immobilie herausstellen. Allerdings hat dieser Gewährleistungsanspruch auch seine Grenzen.

„Gekauft wie gesehen beim Wohnungsverkauf“ erfasst nur offensichtliche Mängel

„Gekauft wie gesehen beim Wohnungsverkauf“ beinhaltet lediglich die Vereinbarung, dass der Verkäufer für offensichtliche Mängel keine Haftung übernehmen muss. Offensichtliche Mängel sind beispielsweise

  • erkennbare Risse in der Fassade
  • ein undichtes Dach aufgrund erkennbarer überalterter Dachziegel
  • das Fehlen energiesparender Fenster.

Offensichtliche Mängel sind allgemein solche Mängel, die ein durchschnittlicher Kaufinteressent bei der Besichtigung selbst hätte erkennen können. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Interessent das Objekt tatsächlich untersucht hat oder von einem Sachverständigen begleitet wurde.

„Gekauft wie gesehen“ erfasst keine versteckten Mängel

Offensichtliche Mängel sind von versteckten Mängeln abzugrenzen. Versteckte Mängel haben gerade beim Thema „was heißt beim Wohnungsverkauf wie gesehen“ eine oft maßgebliche Bedeutung. Ein versteckter Mangel ist anzunehmen, wenn der durchschnittliche Kaufinteressent den Mangel nicht ohne Weiteres hätte erkennen können und eine eingehende Untersuchung des Objekts erforderlich gewesen wäre. In diesen Fällen kann sich der Verkäufer nicht auf den Gewährleistungsausschluss berufen. Typisches Beispiel ist die Schimmelbildung im Objekt. Diese Problematik ist gerade bei der Beurteilung „gekauft wie gesehen" beim Wohnungsverkauf ein zentraler Streitpunkt. Erkennbare, typische Schimmelflecken an der Wand muss der Kaufinteressent erkennen. Sind die Flecken hingegen unter der Tapete verborgen, kann er sie naturgemäß nicht erkennen, ohne die Tapete herunter zu reißen. Ein vollständiger Gewährleistungsausschluss, der auch solche versteckten Mängel erfasst, ist nur möglich, wenn der Verkäufer die Mängel selbst nicht kennt oder erkennen konnte.

„Gekauft wie gesehen beim Wohnungsverkauf“ erfasst nicht arglistige verschwiegene Mängel

Erst recht kann sich der Verkäufer nicht auf den Gewährleistungsausschluss berufen, wenn er einen Mangel arglistig verschwiegen hat. In diesen Fällen obliegt dem Verkäufer eine Offenbarungspflicht vorausgesetzt, er weiß, dass ein Mangel vorliegt und er hätte erkennen müssen, dass der Kaufinteressent Wert auf eine entsprechende Information legt. Auch hier ist die Schimmelbildung an der Wand wieder ein typisches Beispiel. Tapeziert der Verkäufer vor der Besichtigung durch den Kaufinteressenten die schimmelbehaftete Wand, nur um die Schimmelflecken zu verdecken, handelt er arglistig. 

Aufklärungspflichten bei „was heißt beim Wohnungsverkauf wie gesehen“

Ähnliche Aufklärungspflichten obliegen dem Verkäufer dann, wenn er weiß, dass

  • das Gebäude mit Asbest belastet ist
  • das Gebäude ohne die erforderliche Baugenehmigung errichtet wurde
  • das Gebäude unter Denkmalschutz steht
  • die Nachbarn durch massive, nächtliche Ruhestörungen in schikanöser Art und Weise auffällig geworden sind
  • das Grundstück dem Risiko von Hochwasser und Überflutung ausgesetzt ist.

Dabei kommt es darauf an, dass der Käufer dem Verkäufer vorsätzliches Verhalten nachweisen muss. Gelingt ihm dies nicht, trägt er das Risiko selbst. Dann bleibt es bei "gekauft wie gesehen beim Wohnungsverkauf".

Rechte des Käufers bei „gekauft wie gesehen beim Wohnungsverkauf"

Die Konsequenzen einer Formulierung „gekauft wie gesehen“ bestehen darin, dass der Käufer den Verkäufer auffordern kann, einen Mangel zu beseitigen. Dazu muss er unter Umständen das Haus sanieren oder Bauteile reparieren. Alternativ kann er den Kaufpreis mindern und in schwerwiegenden Fällen vom Kaufvertrag zurücktreten. Hat der Verkäufer den Mangel vorsätzlich verschwiegen, setzt er sich auch einem Schadensersatzanspruch des Käufers aus, wenn dieser einen über den reinen Mangel hinausgehenden Schaden geltend machen kann. Hat der Verkäufer arglistig gehandelt und den Mangel zielgerichtet verschwiegen, kann der Käufer den Kaufvertrag auch wegen arglistiger Täuschung anfechten und rückabwickeln. Die Anfechtung ist mit dem Rücktritt vom Kaufvertrag vergleichbar.

Konsequenzen beim Wohnungsverkauf

"Gekauft wie gesehen", sollte für jeden Verkäufer zur Konsequenz haben, dass er es vermeiden muss, Angaben ins Blaue hinein zu machen. Keinesfalls sollte er einen Kaufinteressenten mit solchen Angaben dazu verleiten, sich für den Kauf zu entscheiden, wenn er damit rechnen muss, dass sich der Kaufinteressent in Kenntnis der Mangelsituation möglicherweise anders entscheiden wird. Insbesondere ist der Verkäufer verpflichtet, dem Kaufinteressenten auf dessen ausdrücklicher Nachfrage korrekte Auskunft über die baulichen Gegebenheiten zu erteilen. Er darf nichts verschweigen, was für den Kaufinteressenten von erkennbarer Bedeutung ist. Das bedeutet umgekehrt für den Kaufinteressenten, dass er auf die Vereinbarung hinarbeiten sollte, in der ihm der Verkäufer eine bestimmte Beschaffenheit der Bausubstanz oder von Gebäudeteilen ausdrücklich zusichert. Stellen sich dann Mängel heraus, haftet der Verkäufer, ohne sich auf einen Gewährleistungsausschluss berufen zu können.