Kann man ein noch nicht abbezahltes Haus verkaufen?

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Wer den Traum vom Leben in den eigenen vier Wänden verwirklichen möchte, muss hierfür in der Regel einen Finanzierungsmix mit einem langfristig laufenden Bankdarlehen als Herzstück wählen. Schließlich verfügt kaum ein Verbraucher über das notwendige Kapital, um eine Immobilie bar zahlen zu können. Doch bei einem langfristigen Kredit zum Immobilienkauf, der nicht selten eine Laufzeit von zehn oder mehr Jahren hat, handelt es sich im Grunde um ein Versprechen auf die Zukunft, von dem keiner der Beteiligten weiß, ob dies auch eingehalten werden kann. In vielen Situationen sind nämlich Immobilienbesitzer gezwungen, ihr Haus zu verkaufen, obwohl dies noch nicht komplett abbezahlt ist. Das ist nicht immer ganz einfach, auch wenn es mittlerweile ein Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofes zu diesem Thema gibt.

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Warum ein nicht schuldenfreies Haus verkaufen?

Die Gründe, warum ein Haus, das noch nicht abbezahlt ist, verkauft werden soll, sind vielfältig. Mögliche Gründe sind beispielsweise Trennung und Scheidung, unvorhergesehene Arbeitslosigkeit oder eine berufliche Veränderung, die mit dem Umzug in eine andere Region verbunden ist. Manchmal wird aber auch schlicht und einfach der Platz im bestehenden Haus zu klein, wie es jüngst einem Anwalt aus Schweinfurt erging: Er wollte nach der Geburt der zweiten Tochter ein größeres - und auch hochwertigeres - Haus kaufen und dafür den Immobilienkredit in Höhe von 66.000 Euro bei seiner Bank weiterlaufen lassen. Obwohl er angeboten hatte, als Sicherheit eine Grundschuld auf das neue Haus eintragen zu lassen, hatte die Bank abgelehnt und auf geschäftspolitische Erwägungen hingewiesen. Das Geldinstitut hatte verlangt, dass der Kredit abgelöst wird und der Anwalt eine Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 3.600 Euro zahlen soll. Dies wollte der Anwalt nicht hinnehmen und klagte durch alle Instanzen bis vor das höchste Zivilgericht Deutschlands. Dieses hatte zu Gunsten des Klägers entschieden.

Wann dürfen die Grundschulden einfach ausgetauscht werden?

Der Bundesgerichtshof hatte in seinem Urteil (Aktenzeichen XI ZR 398/02) geurteilt, dass der Austausch der Sicherheiten für die Bank dann zumutbar sei, wenn das Risiko eines Kreditausfalls durch die neue Sicherheit ebenso gut abgesichert ist wie durch die vorherige Sicherheit. In diesem Fall könne sich die Bank nicht mehr auf das "schutzwürdige Eigeninteresse" berufen und die vollständige Ablösung des Kredits inklusive der Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung verlangen. Dieser Grundsatz gelte zumindest, wenn folgende Bedingungen ebenfalls erfüllt sind:

  • Für die bisherige Bank muss der Tausch der Sicherheiten kostenfrei sein, eventuelle Kosten, die damit verbunden sind, muss also der Kreditnehmer bezahlen.
  • Auch die Verwaltungskosten, die der Bank anfallen können, müssen vom Kreditnehmer übernommen werden; dieser muss zudem ein nachweisbar berechtigtes Interesse vorweisen.

Das hat sich für Immobilienbesitzer geändert

Durch das Urteil des Bundesgerichtshofs hat sich der Spielraum von Immobilienbesitzern, die ein noch nicht abbezahltes Haus verkaufen wollen, insgesamt deutlich verbessert. So gehen Experten davon aus, dass der bisher oft geäußerten Aussage, dass der Übertragung von Sicherheit grundsätzlich nicht zugestimmt werde, damit durch die höchsten Zivilrichter die Basis entzogen wurde. Auch wenn es sich hier um einen Einzelfall handelt, hat sich die Verhandlungsposition gegenüber der Bank verbessert. Denn der Bundesgerichtshof hat die Voraussetzungen, unter denen ein Tausch der Sicherheiten erfolgen kann, relativ klar definiert. Wer seine Immobilie verkaufen möchte, kann sich also an diese Vorgabe halten und als Argumentationshilfe gegenüber dem Geldinstitut nutzen. Der Immobilienbesitzer sollte folgendermaßen vorgehen:

  • Wer beim Kauf einer neuen Immobilie das bestehende Immobiliendarlehen fortführen möchte, sollte seine Bank möglichst frühzeitig informieren und bezugnehmend auf das BGH-Urteil um eine schriftliche Stellungnahme zum Vorhaben bitten.
  • Der Kreditnehmer sollte sich auch darstellen lassen, welche Verwaltungskosten ihm dadurch entstehen und wie sich diese zusammensetzen.
  • Ein kurzes Wertgutachten eines Sachverständigen über das Objekt kann die eigene Verhandlungsposition mit der Bank stärken. Die Adressen von Sachverständigen können bei der örtlichen IHK erfragt werden.
  • Eine sorgfältige Begründung, warum der Kreditnehmer am Tausch der Sicherheiten interessiert ist, ist ebenfalls notwendig. Falls notwendig sollte das Schreiben ein Anwalt, der in Bankfragen erfahren ist, formulieren.
  • Auf eine mündliche Zusage des Geldinstituts sollte sich der Kreditnehmer auch bei einer seit langen Jahren bestehenden Geschäftsbeziehung nicht verlassen. Schon aus Beweisgründen muss die Zusage durch die Bank schriftlich gegeben werden.

Was ist die Vorfälligkeitsentschädigung eigentlich?

Erfolgt der Verkauf eines nicht abbezahlten Hauses aus anderen Gründen, wird die Vorfälligkeitsentschädigung in der Regel dennoch fällig. Dabei handelt es sich um eine Entschädigungszahlung an die Bank, die bei der außerplanmäßigen Tilgung eines Darlehens erhoben wird. Die Vorfälligkeitsentschädigung dient der Bank also als Absicherung, weil das Geldinstitut von einer langfristigen Geschäftsbeziehung ausgehen muss. Aus diesem Grund lässt sich die Vorfälligkeitsentschädigung mit der Zinsbindung vergleichen, die dem Kreditnehmer für einen bestimmten Zeitraum Planungssicherheit bietet. Die Vorfälligkeitsentschädigung kann also durchaus einen vier- bis fünfstelligen Betrag ausmachen. Einen Anhaltspunkt für die zu erwartende Höhe geben entsprechende Rechner im Internet. Nicht bezahlt werden muss die Vorfälligkeitsentschädigung, wenn der Darlehensvertrag eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung enthält oder wenn diese ganz fehlt. Um sicherzugehen, können Kreditnehmer den Vertrag vom Verbraucherschutz oder von einem Fachanwalt für Kapitalrecht überprüfen lassen.